Adipositas beim Hund - Der Fettleibige

(Erschienen in „NIPPERS 1/2011, Dähne Verlag, Ettlingen")

Adipositas ist ein krankhafter Zustand, der durch eine übermäßige Ansammlung von Körperfett gekennzeichnet ist. Dieser Überschuss schadet der Gesundheit und verkürzt die Lebenserwartung der betroffenen Hunde. Als adipös wird ein Tier bezeichnet, wenn es über 20 % mehr Gewicht auf die Waage bringt als sein eigentliches Idealgewicht. Das Bestimmen des Idealgewichtes ist für Rassehunde in Standards festgelegt, für den Mischling kann bestenfalls das Normalgewicht des Hundes, bevor er übergewichtig geworden ist, als Anhaltspunkt dienen. Leider sind aber viele Tiere schon während ihres Wachstums übergewichtig und das Idealgewicht somit nicht bekannt. In Europa haben bis zu 40 % aller Haustiere eine behandlungsbedürftige Adipositas.

Ursachen für das Schwergewicht

Übergewicht entsteht bei Tieren wie bei Menschen durch ein Ungleichgewicht von Energieaufnahme und Energieverbrauch. Besonders bei der „ ad–libitum“ Fütterung hat der Hund das Fressen den ganzen Tag zur freien Verfügung. Hierbei kommt es fast immer zu einer Überversorgung. Auch zusätzliche Snacks sind Kalorienbomben. Zu den Dickmachern zählen z.B. Schweineohren und getrockneter Pansen. Bewegungsmangel macht außerdem dick. Muskelmasse verbraucht mehr Energie als Körperfett. Ein fitter Vierbeiner verbrennt also leichter Energie und Fett.

Weitere Risikofaktoren sind:

  • Erbliche Veranlagung: Grundumsatz und Futterverwertung eines Hundes sind genetisch festgelegt. Über die genetischen Faktoren, die zu Adipositas beim Hund führen, ist noch wenig bekannt. Zu den Hunderassen mit einer Veranlagung zur Fettsucht zählen u.a. Labrador Retriever, Beagle, Teckel, Cocker Spaniel, Basset und Berner Sennenhund. In Untersuchungen wurden rassespezifische Unterschiede im Grundumsatz festgestellt. Der Labrador hat einen besonders niedrigen Grundumsatz, während die Dogge einen deutlich über dem Durchschnitt liegenden Grundumsatz hat.
  • Kastration: Die Kastration verdoppelt das Adipositasrisiko sowohl beim Rüden als auch bei der Hündin. Der Grund liegt darin, dass Östrogene eine hemmende Wirkung auf die Nahrungsaufnahme haben. Dieser hemmende Effekt ist bei kastrierten Hündinnen nicht mehr vorhanden. Studien haben ergeben, dass eine Kastration eine Absenkung des Energieverbrauches um ca. 20 % zur Folge hat. Dick durch Kastration muss aber nicht sein, wenn mit regelmäßiger und ggf. zusätzlicher Bewegung vorgebeugt wird.
  • Alter des Tieres: Der Energiebedarf alter Hunde geht im Durchschnitt um 30 % zurück.

Wie ist Fettleibigkeit erkennbar?

In sogenannten „Body Condition Systems“ (BMS) – bzw. Körperindextabellen. Demnach ist ein Hund adipös, wenn er folgende Kriterien erfüllt:

  • Fettpolsterung in der Hüfte und keine Taille
  • Dicke Fettschicht auf den Rippen
  • Bauchlinie ist Richtung Knie abfallend, Fettwamme oder
  • Hängebauch
  • Fettablagerung entlang der Wirbelsäule und am Schwanzansatz
  • Ein idealgewichtiger Hund zeichnet sich durch eine deutliche Taille, leicht tastbare Rippen und Wirbelkörper sowie einen leichten Anstieg der Bauchlinie vom Ende des Rippenbogens zur Leiste hin aus.

 

Folgen für die Gesundheit

Übergewicht verkürzt die Lebenserwartung um ungefähr zwei Jahre und mindert zusätzlich die Lebensqualität des Hundes. Diese Tatsache ist hinreichend wissenschaftlich belegt. Stark über­gewichtige Hunde haben zusätzlich mit Bänder- und Gelenkproblemen zu tun. Bei Hunden mit Gelenkproblemen entsteht ein Teufelskreislauf: Durch schmerzbedingte Bewegungsunlust steigt das Übergewicht weiter, was zu noch mehr Bewegungsunlust führt. Kreuzbandrisse kommen bei adipösen Hunden ebenfalls häufiger vor. Insbesondere beim wachsenden Hund begünstigt die Überfütterung das Entstehen einer Hüftgelenksdysplasie oder anderer Gelenkschäden.

  • Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen.
  • Die Einlagerung von Fettdepots in Brust- und Bauchraum hat eine verringerte Atemkapazität und damit eine Sauerstoffunterversorgung zur Folge. Für den Besitzer stellt sich die Auswirkung auf den Atmungsapparat als Kurzatmigkeit dar.
  • Blutzuckererkrankung, Erkrankungen von Leber- und Bauchspeicheldrüse.
  • Erhöhtes Narkoserisiko: Operationen in der Bauchhöhle dauern signifikant länger, außerdem dauert die Aufwach- und Erholungsphase sehr lange, da das Narkosemittel im Fettgewebe gespeichert und langsam wieder abgegeben wird.
  • Schwächung der Immunität, Hauterkrankungen und Tumore.
Täglicher Energiebedarf

Wie wird der Vierbeiner wieder schlank?

Die gezielte Reduktion der Energiezufuhr ist die einzig wirksame Methode zur Gewichtsreduktion. Wiegt ein Hund beispielsweise 35 kg und wird sein Idealgewicht auf 30 kg festgelegt, so ist bei einem realistischerweise angenommenen Gewichtsverlust von einem Prozent des Körpergewichtes pro Woche das gewünschte Endgewicht in ca. 4 Monaten erreicht. Eine Diät sollte mit Hilfe eines Tierarztes durchgeführt werden. Dieser bekommt eine komplette Auflistung von Futter und zusätzlich verabreichten Leckerchen, um die Kalorienzufuhr gezielt zu korrigieren. In der folgenden Tabelle sind sowohl die Energiezufuhr in der Erhaltung als auch die Energiezufuhr zur Gewichtsreduktion zusammengefasst. Wer das Futter kürzt, muss einer Mangelversorgung mit Eiweißen durch die Zugabe von Magerquark oder Hüttenkäse vorbeugen. Auch ein Mangel an Nährstoffen (Mineralien, Spurenelemente, Vitamine) muss ausgeglichen werden. Einfacher ist das Verfüttern einer fertigen, kommerziellen Reduktionsdiät. Dort sind die Inhaltstoffe schon an den Bedarf angepasst. Vorsicht ist bei den „Light-Produkten“ geboten, da dieser Begriff nicht geschützt ist. Light-Produkte sind lediglich die energieärmsten Erzeugnisse innerhalb einer Produktlinie.

Abnehmen lohnt sich für Mensch & Hund

Lebensfreude und eine längere Lebenserwartung des Hundes sollten für jeden Hundebesitzer Ansporn genug sein, um auch eigene liebgewonnene Ernährungssünden zu unterlassen und dem Vierbeiner wirklich Gutes zu tun: Bewegung, Spaß, Auslastung.