Nippers - Hilfe, mein Hund juckt sich

(Erschienen in „NIPPERS 2/2009, Dähne Verlag, Ettlingen)

Juckreiz, auch Pruritus genannt, ist eine quälende, unangenehme Empfindung. Fast jeder Hundebesitzer kennt es: Der Hund beißt, kratzt und benagt sich. Er schüttelt den Kopf oder reibt sich an Gegenständen. Unter Umständen kommt der Hund nicht einmal nachts zur Ruhe. Auch für die Besitzer stellt das eine große Belastung dar. Da die Ursachen für Juckreiz sehr unterschiedlich sein können, das Erscheinungsbild vieler Hauterkrankungen sich aber ähnelt, ist eine gründliche Aufarbeitung jedes einzelnen Falles Voraussetzung für den Behandlungserfolg. Blickdiagnostik ist in keinem Fall ausreichend.

 

Warum ist die Vorgeschichte so wichtig?

Die Vorgeschichte des Patienten gibt dem Tierarzt wertvolle Hinweise in Bezug auf die Ursache des Juckreizes. Das Aufarbeiten der bisherigen Krankheitsgeschichte und der schon verabreichten Medikamente sind Schlüsselelemente des Vorberichtes.

Ein Allergiker erkrankt meistens in einem Alter von unter drei Jahren. Der zunächst milde Juckreiz kann sich im Laufe der Jahre steigern. Wurfgeschwister und Elterntiere sind bei Allergien häufig mit betroffen.

Ein Parasitenbefall kann in jedem Alter plötzlich auftreten und zu einem hochgradigen Juckreiz führen. Die Sarcoptesmilbe und Flöhe suchen z. B. auch den Menschen als Wirt auf. Daran sollte gedacht werden, wenn sich eine mit dem Tier in einem Haushalt lebende Person juckt.

Hautinfektionen gehen oft mit einem unangenehmen Geruch einher. Vorangegangene Kortisoninjektionen haben häufig nur sehr kurzfristig zu einer Erleichterung des Juckreizes geführt und das Tier hat sich bald schon wieder stark gekratzt.

Ein guter Vorbericht liefert also die halbe Diagnose. Die Zeit ist gut investiert, da dadurch die Anzahl der möglichen Juckreizursachen eingeschränkt wird, und das spart Kosten.

 

Ursachen für Juckreiz

Über 90 Prozent aller sich juckenden Hunde leiden an Allergien, Parasiten oder Infektionen. Sie können in der Regel gut behandelt bzw. geheilt werden.

Allergien liegen an erster Stelle. Dabei gibt es drei Arten von Allergien: Die häufigste Allergie ist die gegen Umweltallergene (Hausstaubmilben, Futtermilben, Pollen und Gräser) gerichtete „Atopie“. Die nächstgenannte Allergie ist die Flohspeichelallergie. Bei jedem Hund mit Juckreiz und Allergieverdacht sollte eine Flohprophylaxe oder Therapie durchgeführt werden. An dritter Stelle steht die Futtermittelallergie, 10 – 20 % aller Hunde sind von ihr betroffen.

Zu den Parasiten, die beim Hund Juckreiz hervorrufen, gehören verschiedene Milben (Sarcoptesmilbe, Cheyletiellamilbe, Herbstgrasmilbe und Demodexmilbe), Läuse und Flöhe.

Infektionen werden durch Bakterien oder Hefen (Malassezien) hervorgerufen. Bakterien und Malassezien greifen
nicht auf den Menschen über. Sehr selten findet man beim Hund eine Dermatophytose, also Pilzinfektion, die aber nicht immer Juckreiz verursacht. Eine Ansteckung des Menschen ist hier jedoch möglich.

Die einzelnen Erkrankungen können sowohl separat als auch kombiniert vorkommen. Ein logisches und gezieltes diagnostisches Vorgehen des Tierarztes ist gefragt.

 

Was macht der Tierarzt?

Der Tierarzt untersucht zunächst das gesamte Haarkleid mitsamt Ohren, Pfoten, Lefzenfalten und Schleimhäuten. Hautproben werden unter dem Mikroskop geprüft. So klärt sich direkt, ob sich Hefepilze und Bakterien auf der Haut befinden oder sich sogar in tiefen Hautregionen angesiedelt haben. Ein Hautgeschabsel dient zum Nachweis von Milben. Flöhe hinterlassen Flohkot, und Läuse werden mithilfe einer Lupe nachgewiesen. Nach dem Ausschluss von Infektionen und Parasiten macht ein Allergietest Sinn, um ggf. eine Desensibilisierung des Hundes durchzuführen. Hier sind Vorsicht und Erfahrung geboten, denn Nicht-Allergiker können positiv auf den Test reagieren und umgekehrt können Allergiker auch ein negatives Testergebnis aufweisen. Futtermittelallergien müssen immer mühsam über eine ca. 8-wöchige hypoallergene Diät ausgeschlossen werden, da der Bluttest keine zuverlässigen Ergebnisse liefert.

 

Wie sieht die Therapie aus?

Bei einer Reaktion des Tieres auf Umweltallergene wie Hausstaubmilben oder Pollen (Atopie) muss eine Desensibilisierung durchgeführt werden, weil sich Umweltallergene nicht eliminieren lassen. Futtermittelallergien erfordern eine aufwändige Diagnostik und die besagte hypoallergene Diät, die diszipliniert durchgehalten werden muss. Die meisten Leckerchen sind verboten. Doch die Mühe lohnt sich: Ist ein Hund nach dieser Diät juckreizfrei, benötigt er keine weiteren Behandlungen und Medikamente außer einer (meist lebenslangen) hypoallergenen Diät.

Gegen die Flohspeichelallergie helfen ganzjährig verabreichte, handelsübliche Flohpräparate. Nachgewiesene Parasiten müssen gezielt bekämpft werden. Je nach Parasit ist die Ausweitung der Behandlung auf Wohnraum und Kontakttiere ebenfalls zwingend erforderlich.

Milben, Hefepilze und Infektionen sind gut zu diagnostizieren und mit medizinischen Bädern oder Antibiotika wirkungsvoll zu therapieren. Auch wenn sich der Patient kratzt, sollte eine Behandlung mit Kortison unterlassen werden. Bei einer gezielt gegen Milben und Bakterien gerichteten Therapie hat der Hund gute Chancen auf Heilung.

Fallbeispiel 1: Infektion

Die Haut dieses Patienten ist mit Hefepilzen infiziert. Die betroffenen Hunde verströmen einen muffigen Geruch. Die Haut ist faltig, verdickt und dunkel verfärbt. Durch das fortwährende Kratzen und Benagen gesellen sich bakterielle Infektionen dazu.

Fallbeispiel 2: Allergie

 

Dieses Bild stellt nur eine von vielen Möglichkeiten dar, wie sich Allergien zeigen. Der Juckreiz betrifft hier besonders die Kopfregion. Der Hund hat ständig an den Lefzen gekratzt bzw. ist mit ihnen an Gegenständen oder dem Fußboden entlang gescheuert. Ursache ist eine Hausstaubmilbenallergie.

 

Fallbeispiel 3: Parasiten

 

Der gesamte Körper ist mit Demodexmilben befallen. Auch Allergiker oder Hunde mit einer Hautinfektion können ein solches Erscheinungsbild zeigen.

Ausführlich diagnostiziert, erfolgreich therapiert

Ziel der tierärztlichen Bemühung ist es, dass sich der vierbeinige Patient in seiner Haut wieder richtig wohl fühlt. Auch wenn viele Hauterkrankungen nicht lebensbedrohend sind, sollte die Lebensqualität und Lebensfreude des Hundes wiederhergestellt werden. Eine genaue Diagnostik ist in fast allen Fällen der Schlüssel zum Erfolg.